Schwerpunktbereich 1.1: Rechtsgeschichte

Zuordnung zu den Pflichtfächern

Zivilrecht / Öffentliches Recht / Strafrecht

Allgemeine Beschreibung

Was die Beschäftigung mit dem Recht zur Wissenschaft macht, ist die Anwendung einer bestimmten Methode, der unvoreingenommene Blick auf die historische und gesellschaftliche Bedingtheit des Rechts und seiner Anwender, die Frage nach seinem letzten Geltungsgrund. Im Schwerpunktbereich 1 werden die Fächer Rechtsgeschichte, Rechtsphilosophie, Rechtssoziologie, Methodenlehre und Kirchenrecht zusammengeführt. Er ermöglicht es, das Jurastudium mit geistes- und sozialwissenschaftlichen Interessen und Kompetenzen zu vereinen.

Dies trägt wesentlich zum Verständnis des geltenden Rechts bei. Daneben wird der Blick für die Entstehungsvoraussetzungen der eigenen juristischen Fach- wie Professionskulturen, wie auch der Erfahrungen in anderen europäischen Ländern geweitet. Es sind diese Grundlagen, die eine zukünftige europäische Rechtsordnung und Rechtswissenschaft prägen werden: denn nicht nur findet sich im römischen Recht der Ursprung aller jetzigen kontinentaleuropäischen Rechtsordnungen, nicht nur war die Zivilrechtswissenschaft vergangener Jahrhunderte stets europäische Wissenschaft; auch die vom Kirchenrecht entwickelten Lösungsmodelle einschließlich der Rechtsanwendung im kirchlichen Bereich prägte über Jahrhunderte die europäische Rechtstradition bis hin zur grundsätzlichen Frage des Verhältnisses von Staat und Kirche.

Alle Grundlagenfächer waren und sind nur in internationaler Diskussion denkbar und öffnen auch insoweit den Horizont über das nach wie vor stark national geprägte System des geltenden Rechts. Da über Jahrhunderte die Rechtsfindung vor und im Gericht im Zentrum des Rechtssystems stand, finden die Aspekte von Justiz und Verfahren samt dem in den jeweiligen Institutionen tätigen Rechtspersonal als Teil der Rechtskultur neben der Rechtswissenschaft besondere Aufmerksamkeit. Die kritische Auseinandersetzung mit der Rolle des Rechts und der Juristen in den totalitären Systemen des 20. Jahrhunderts, ebenso wie die juristische Aufarbeitung von Systemunrecht ist Gegenstand der Vorlesung Juristische Zeitgeschichte.

Die Rechtsphilosophie befasst sich mit dem elementaren Grund wie den Vorfragen normativer Ordnung. Für die Auseinandersetzung mit juristischen Zentralbegriffen wie Recht und Gerechtigkeit, aber auch zum Verständnis der Legitimation von Institutionen wie Staat und Strafe oder der Regeln des globalen Miteinanders ist eine Vermittlung rechtsphilosophischer Argumentationsmuster unverzichtbar. Gleiches gilt für die Rechtssoziologie, die sich empirisch-beschreibend dem Recht auch und gerade in Abgrenzung zu anderen normativen Ordnungen nähert. Die Beschäftigung mit dem Kirchenrecht schließlich öffnet neben dem römischen Privatrecht einen weiteren Zugang zum Ius Commune mit den ganzen Vorteilen für ein besseres Verständnis der europäischen Perspektive, darüber hinaus bietet sie Erkenntnishilfen zum öffentlichen Recht - mit dem Schwerpunkt Staatskirchenrecht - aber auch zu etlichen Instituten des heutigen Zivilrechts.

Während das Schwerpunktseminar aus dem ganzen Spektrum der im Schwerpunkt 1 vertretenen Fächer gewählt werden kann, ermöglicht die Wahl eines der beiden Teilbereiche des Schwerpunktes 1.1 eine Fokussierung des Klausurstoffs auf die quellenkritisch, historisch-hermeneutischen Fächer, die die ganze Rechtsgeschichte vom antiken Rom über das Mittelalter bis zur Zeitgeschichte abdecken. Im Schwerpunkt 1.2. liegt der Akzent dagegen auf den reflexiv, kritisch-theoretischen Grundlagenfragen durch Rechtsphilosophie, Rechtstheorie und – soziologie sowie der neueren Rechtsgeschichte, in denen exemplarisch Voraussetzungen des heutigen Rechtsystems behandelt werden.

Berufsaussichten

Jeder juristische Beruf erfordert das schnelle Erfassen immer neuer Problemstellungen und den versierten Umgang mit einer Materie, die sich in einem ständigen Wandel befindet. Die Stofffülle nimmt rasant zu; die gesellschaftliche und politische Diskussion stellt täglich neue Anforderungen an die Gesetzgebung und diese wiederum an die Rechtsanwendung. Der praktische Jurist kann dem nur dadurch gerecht werden, dass er Strukturen erkennt, Probleme auf das Wesentliche zu reduzieren, bewährte Lösungen zu nutzen und altbekannte Fehler zu vermeiden weiß.

Die Europäisierung und Internationalisierung des Rechts wie der juristischen Tätigkeitsfelder wird es zunehmend erforderlich machen, sich auch im Rechtsalltag mit vergleichbaren wie abweichenden historischen Erfahrungen und methodisch-theoretischen Ausgangspunkten von Juristinnen und Juristen aus anderen Ländern auseinanderzusetzen. Hierfür vermittelt dieser Schwerpunkt die kognitiven Fähigkeiten wie die methodischen Fertigkeiten.

Studienplan Schwerpunkt 1.1.: Rechtsgeschichte

PflichtvertiefungsveranstaltungenSchwerpunktpflichtveranstaltungenErgänzungsveranstaltungen
  • Geschichte der Rechtswissenschaft und der Rechtskultur
  • Juristische Zeitgeschichte
  • Römisches Privatrecht
  • Geschichte des Kirchenrechts
  • Seminar aus dem Schwerpunktbereich 1.1/1.2
  • Examinatorium Rechtsgeschichte
  • Staatskirchenrecht einschließlich der Grundzüge des evangelischen und katholischen Kirchenrechts
  • Einführung in die Bayerische Rechtsgeschicht
  • Schwerpunktpflichtveranstaltung des Schwerpunktbereichs 1.2

Sprecherin

Prof. Dr. jur. Susanne Lepsius, M.A. (Chicago)

Universitätsprofessorin