Prof. Dr. jur. Joachim Knoche
Außerplanmäßiger Professor
Außerplanmäßiger Professor
Hallo!
Sie stehen am Anfang eines juristischen Studiums. Die Entscheidung für dieses Studium haben Sie sich nicht leicht gemacht. Daher dürfen Sie sich jetzt von den vielen Dingen, die momentan auf Sie einstürmen, keinesfalls einschüchtern lassen. Sie sind an der Universität auf jeden Fall willkommen, und wenn Sie in den nächsten Jahren vernünftig studieren, dann haben Sie am Arbeitsmarkt auch eine gute Chance. Andererseits können Sie in der kommenden Zeit sehr Vieles grundlegend falsch machen und damit die Weichen für einen Misserfolg im Examen schon frühzeitig stellen. Um dies zu verhindern, habe ich das hier vorgelegte Skript verfasst.
Der Heilige Augustinus lehrt uns, dass wir bei allem, was wir tun, immer bereits das Ende im Blick haben müssen. Und so muss man im juristischen Studium den Blick von Anfang an auf das am Ende der Ausbildung stehende Examen richten. In meine Sprechstunde kommen überdurchschnittlich viele Studierende, die das Examen im ersten Anlauf nicht bestanden haben und jetzt verzweifelt nach Hinweisen suchen, wie es beim nächsten Versuch besser klappen kann. Bei der dann unvermeidlichen Suche nach den Ursachen für das bisherige Scheitern stellt sich in fast allen Fällen heraus, dass der jetzt eingetretene Misserfolg schon Jahre zuvor planmäßig eingeleitet wurde und dass die Kandidatinnen und Kandidaten jetzt nicht einfach mal so eben durchgefallen sind, sondern die Quittung für eine langfristig falsche Anlage ihres Studiums bekommen haben.
In der kommenden Zeit werden Sie von allen möglichen Seiten zahlreiche Ratschläge für Ihr Studium bekommen. Die meisten Ratgeber wollen nur Ihr Bestes, nämlich Ihr Geld. Hören Sie sich alles in Ruhe an und treffen Sie dann eine eigene Entscheidung. Machen Sie bitte niemals etwas nur deswegen, weil es die anderen auch tun. „Die anderen“, die sich ihrer Sache so sicher sind, fallen erfahrungsgemäß im Examen in großer Zahl durch und sind daher als Ratgeber für Sie ungeeignet. Die gebotene subjektive Distanz zu Ratschlägen gilt auch für die in dem hier vorgelegten Merkblatt empfohlenen Tipps: Prüfen Sie sich, ob diese Tipps Sie wirklich überzeugen und folgen Sie ihnen nicht nur deshalb, weil es hier steht. Allerdings haben die hier vorgestellten Rat¬schläge ein starkes objektives Moment in sich. Denn ich selbst bin auf der Grundlage dieser Einstellungen seinerzeit gut durch das Studium gekommen und habe anschließend in meiner nun schon langjährigen Lehrpraxis immer wieder gesehen, dass es im Grunde genommen im Studium und im Examen nur um diejenigen Dinge geht, die ich Ihnen jetzt vorstellen möchte.
Zunächst einmal gilt es, mit den drei größten Lügen aufzuräumen, denen Sie in der Folgezeit ausgesetzt sein werden. In einer geradezu massenpsychotischen Art und Weise werden Ihnen in den nächsten Monaten von älteren Semestern oder externen Ratgebern bestimmte Erfahrungssätze über Studium und Examen nahegebracht werden, die allesamt grundfalsch sind. Wenn Sie diesen Lügen Glauben schenken, so haben Sie beste Chancen, innerhalb Ihres Studiums in ernste Schwierigkeiten zu kommen. Wenn Sie sogar auf alle drei Lügen hereinfallen, so ist Ihr Studium eigentlich kaum noch zu retten. Natürlich gibt es Studierende, die allen drei Lügen Glauben geschenkt haben und trotzdem das Examen bestanden haben, aber diese Kandidatinnen und Kandidaten sind genauso selten anzutreffen wie der sprichwörtliche Achtzigjährige, der sich bester Gesundheit erfreut, obwohl er ein Leben lang nur geraucht und getrunken hat.
Es ist genau umgekehrt. Jura ist ein ausgesprochen schwieriges Fach. Besonders das Zivilrecht kann man keinesfalls erst in der Examensphase richtig lernen und verstehen. Es bedarf, um das Examen gut zu bewältigen, eines jahrelangen fachlichen Reifeprozesses, innerhalb dessen sich das Verständnis für die juristischen Zusammenhänge ständig verbessert. Dazu wiederum ist es erforderlich, dass Sie gerade in den ersten Semestern mit aller Kraft bemüht sein müssen, sich die Grundlagen der Rechtswissenschaft in aller Deutlichkeit zu erarbeiten. Bezogen auf das Zivilrecht bedeutet dies: Am Ende der ersten beiden Semester müssen Sie unter allen Umständen je ein Lehrbuch zum BGB-AT, zum Allgemeinen und zum Besonderen Schuldrecht von vorne bis hinten durchgearbeitet haben, wobei Sie sich die wesentlichen Punkte auf eigenen Skripten herausgeschrieben haben, die dann schon die Grundlage für die spätere Examensvorbereitung sind. Wenn Sie diesen Arbeitsprozess am Ende des zweiten Semesters noch nicht vollbracht haben, so holen Sie dies auf jeden Fall in den auf das zweite Semester folgenden Semesterferien nach. Wenn Sie diesen Rat befolgen, ist Ihnen ein späteres Prädikatsexamen kaum noch zu nehmen. Wenn Sie diesen Rat verwerfen, so ist umgekehrt ein schlechtes Abschneiden im Exa-men schon vorprogrammiert.
Wenn Ihnen die Grundlagen der Rechtswissenschaft nicht geläufig sind, kann der beste Repetitor in der Examensphase nichts ausrichten. Der Repetitor kann auf gar keinen Fall das reparieren, was zuvor jahrelang versäumt wurde. Zudem sind die meisten Repetitoren nur im Marketing gut. Fast alle Repetitorien erdrücken die Studierenden mit einer Masse an Informationen, die quantitativ weit über das hinausgeht, was im Examen gebraucht wird. Dies wird ganz geschickt gemacht, indem der Stoff auf eine Vielzahl von sündhaft teuren Skripten aufgeteilt wird, so dass man zunächst gar nicht merkt, dass die ganze Sache quantitativ völlig überzogen ist. Die Folge ist dann, dass die meisten Kandidatinnen und Kandidaten in der Fülle des vermittelten Stoffes förmlich untergehen. Im Examen geht es aber gar nicht um ein riesiges Wissen, sondern darum, anhand eines fundierten Grundwissens mit dem Gesetz verständig und methodologisch korrekt umzugehen. Ganz schlimm wird es, wenn die Kandidatinnen und Kandidaten nach einer gewissen Zeit einen Klausurfall gar nicht mehr am Gesetz entlang lösen, sondern nur noch anhand eines vergleichbaren Falles, den man vielleicht beim Repetitor gehört hat. Wenn diese mentale Fehl-Stellung erst einmal eingetreten ist, so ist es erfahrungsgemäß kaum noch möglich, das Studium zu retten. Von den Studierenden, die nach einem gescheiterten Examens-Versuch in meine Sprechstunde kommen, war fast jeder beim Repetitor gewesen. Der Repetitor kann also gerade für die leistungsschwächeren Studierenden die Lösung keinesfalls sein. Und selbst falls Sie uns Hochschullehrer und unsere Lehrmethoden allesamt verachten, so sind es doch wir, die im Examen prüfen und nicht der Repetitor. Der Repetitor kennt das Examen bestenfalls vom Hörensagen, da ihm meist die Lösungsskizzen zu den Examensklausuren nicht vorliegen und er selbst bei Kenntnis dieser Lösungsskizzen nicht weiß, ob die Korrektoren auch wirklich nach dieser Skizze vorgegangen sind oder vielleicht ganz andere fachliche Erwägungen in ihre Korrektur eingestellt haben.
Niemand soll päpstlicher sein als der Papst. In einigen wenigen Fällen kann die Inanspruchnahme von privaten Dozenten sinnvoll sein. Dies gilt zunächst einmal für einen privaten Klausurenkurs. Wenn Sie in der Examensphase das universitäre Klausurenangebot (siehe unten „größte Lüge Nr. 3“) durch einen privaten Klausurenkurs ergänzen möchten, so geht das völlig in Ordnung. Es muss dann aber der Kursanbieter fachlich sehr gut sein, und vor allem müssen die gestellten Klausuren dem Klausurtypus entsprechen, der in Ihrem Bundesland im Examen üblich ist. Unter bestimmten Umständen kann sodann ein maximal drei- bis viermonatiger Crash-Kurs das Mittel der Wahl sein. Viele Studierende sehen in der Examensvorbereitung den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr. In manchen Universitätsstädten gibt es für diese Situation die genannten privaten Intensivkurse. Um aus einem solchen Kurs Gewinn zu erzielen, müssen Sie aber erstens physisch und psychisch extrem belastbar sein. Zweitens muss der Repetitor fachlich und didaktisch ein As sein. Und drittens müssen die ausgegebenen Kursunterlagen geradezu umwerfend gut sein. Idealerweise wird ein solcher Crash-Kurs dann so ablaufen, dass an mindestens fünf Tagen pro Woche vormittags in der Gruppe der Stoff durchgenommen wird, dass dann an jedem Nachmittag jeder Kursteilnehmer eine fünfstündige Klausur schreibt, die am folgenden Tag korrigiert und besprochen wird, und dass sodann in langen einsamen Abend- und Nacht-sitzungen der tagsüber vermittelte Stoff wiederholt und vertieft wird.
Dass man sich in der ohnehin belastenden Zeit der Examensvorbereitung gerne vor der Konfrontation mit realen Examensklausuren drückt, ist psychologisch verständlich, fachlich aber eine Katastrophe. Mehr zu diesem Thema können Sie auf meiner Homepage in dem Merkblatt „Examensvorbereitung“ nachlesen. Schreiben Sie auch am Beginn und in der Mitte des Studiums bitte alle an der Universität angebotenen Klausuren mit, denn nur durch Üben und auch durch eigene Fehler lernt man wirklich viel. Und vor allem: Wenn Sie eine Klausur oder auch eine Hausarbeit mitgeschrieben haben, so hören Sie sich unbedingt die Besprechung an, denn nur so erfahren Sie doch, wo Sie ansetzen müssen, um noch besser zu werden. Uns Dozenten geht es so, dass wir oftmals vor leeren Hörsälen stehen, wenn wir eine Klausur oder Hausarbeit besprechen, an der eigentlich Hunderte teilgenommen haben. Dies sind Situationen, in denen man die Ursachen für das Scheitern zahlreicher Examenskandidatinnen und –kandidaten regelrecht mit Händen greifen kann.
Mit aller gebotenen Zurückhaltung und Sensibilität muss ich an dieser Stelle auf eine ganz besondere Problematik hinweisen. Es gibt unter den Studierenden der Rechtswissenschaft eine qualifizierte Minderheit von erfahrungsgemäß ca. 10%, für die Jura schlichtweg nicht das richtige Fach ist. Viele aus diesem Kreis studieren eifrig und vernünftig und haben auch ein ausgesprochen großes Interesse am Fach. Trotzdem können sie selbst bei besten juristischen Lehrveranstaltungen das juristische Denken nicht erlernen und scheitern dann folgerichtig später im Examen. Dies ist tragisch. (Zum Vergleich: Wenn jemand im Studium zu wenig gelernt hat und dann durchfällt, so ist das nicht Tragik, sondern Blödheit.) Wer zu dieser Gruppe der leider Unerreichbaren gehört, ist keineswegs dumm, sondern hat nur leider nicht die nötige Begabung zu juristischem Denken. Sie müssen sich selber testen, ob Sie möglicherweise dieser wirklich tragischen Gruppe angehören, denn dann müssen Sie das Jura-Studium schleunigst beenden und auf ein anderes Fach ausweichen, bei dem Ihnen die bereits im Jura-Studium erbrachten Leistungen angerechnet werden. Es gibt ein starkes Indiz dafür, dass Jura für Sie nicht das richtige Fach ist. Dies ist der Misserfolg in den universitären Übungen. Wenn Sie vernünftig gelernt haben und bei den Scheinen trotzdem erhebliche Schwierigkeiten haben, so sollten Sie nicht erst das Examen abwarten, um die Bestätigung zu bekommen, dass Jura nicht das richtige Fach für Sie ist.
Das Jura-Studium ist, vor allem in der Examensphase, fordernd und belastend (es ist aber natürlich gleichwohl machbar). Sie können dem unvermeidlichen äußeren und inneren Druck nur standhalten, wenn Sie ab dem ersten Semester jeden Tag mindestens 15 Minuten, besser noch mindestens 30 Minuten, intensiv Sport treiben. Sollten Sie aufgrund gesundheitlicher Probleme keinen Sport betreiben dürfen, so machen Sie das, was auch die anderen unbedingt tun sollten: Erlernen Sie eine Entspannungstechnik, wobei sich insbesondere Autogenes Training und Joga bewährt haben, aber hier ist alles willkommen, was Ihnen nützt.
So, jetzt haben Sie meine von mir mit aller Leidenschaft vorgetragenen Einsichten über das Jura-Studium und das juristische Examen gelesen. Überlegen Sie sorgfältig, wie Sie die nächsten Jahre angehen wollen. Nochmals: Treffen Sie eigene Entscheidungen, die zu Ihrem Persönlichkeitstyp passen, machen Sie keinesfalls etwas nur deswegen, weil andere es Ihnen sagen. Auf jetzt ans Werk! Viel Erfolg!
Der juristische Büchermarkt hat eine größere Zahl vorzüglicher Anleitungen zum Verfassen zivilrechtlicher Klausuren hervorgebracht. Alle diese Werke haben jedoch nicht verhindern können, dass die Misserfolgsquote in schriftlichen zivilrechtlichen Prüfungen nachhaltig hoch ist. Es ist daher anzunehmen, dass viele Studierende geradezu bewusst in den Klausuren das Glück im Kleinen suchen, möglicherweise um ihr Studium durch ein nichtbestandenes Examen noch zu verlängern.
Sofern Sie also ebenfalls zu dieser Gattung derjenigen Studierenden gehören sollten, denen ein möglichst langes juristisches Studium zuteil werden soll, so beachten Sie bitte zur Anfertigung wirklich miserabler zivilrechtlicher Klausuren unbedingt die folgenden Ratschläge:
Sie haben das Erste Juristische Staatsexamen vor Augen, wissen aber noch nicht genau, was da auf Sie zukommt und wie Sie sich bei der Vorbereitung verhalten sollen? Das ist normal. Denn einen Königsweg gibt es nicht, und einen solchen Königsweg kann auch das vorliegende Skript nicht bieten. Im Gegenteil: Wer verkündet, ganz genau zu wissen, was es mit dem Staatsexamen auf sich habe und wie man alles bis ins Detail zu gestalten habe, der sollte mangels Glaubwürdigkeit von vornherein aus dem Kreis möglicher persönlicher Berater sofort wieder ausgeschlossen werden.
Die Examensvorbereitung ist eine sehr persönliche Angelegenheit. Nicht jeder Arbeitsplan passt also zu jedem Studierenden. Im Folgenden wird daher nur eine von mehreren Möglichkeiten vorgestellt, die Zeit der Vorbereitung auf das Erste Juristische Staatsexamen einzuteilen. Diese Zeitspanne wird hier mit 18 Monaten veranschlagt.
Wenn also auch alternative Pläne sehr gut denkbar sind, so hat doch der hier vorgestellte Plan immerhin den Vorteil, seine Plausibilität und Praktikabilität bereits vielfach unter Beweis gestellt zu haben. Aber wie gesagt: Wenn Sie von diesem Vorschlag nicht wirklich überzeugt sind, wählen Sie einen anderen Plan!
Der im Folgenden vorgestellte Zeit- und Arbeitsplan geht von folgenden Grundannahmen und Erfahrungen aus:
In den vielen Jahren meines Dozentenlebens habe ich eine immens große Anzahl von Studierenden getroffen, die das Juristische Staatsexamen nicht bestanden haben. Pauschale durchgeformte Ratschläge gibt es hier nicht, da jeder Fall anders liegt. Es gibt aber einige Grundkonstanten, die immer wieder zu beobachten sind. Hierauf soll im Folgenden eingegangen werden. Dabei geht es hier nur um die Konstellation, dass noch ein Versuch im Examen frei ist. Wer endgültig gescheitert ist, kann Hilfe nur noch vom Arbeitsamt/Jobcenter bekommen, wo es dem Vernehmen nach eine eigene Arbeitsgruppe für endgültig Durchgefallene gibt. Ebenfalls von den folgenden Bemerkungen nicht angesprochen sind gescheiterte Freischützen, die sich nicht ordentlich vorbereitet hatten; sie haben die verdiente Quittung für einen eklatanten Missbrauch von Verfahrensrechten bekommen und müssen sich eben jetzt auf ihren Hosenboden setzen.
Das folgende Merkblatt wendet sich primär an meine eigenen Doktorandinnen und Doktoranden. Es kann aber vielleicht auch anderen Kandidatinnen und Kandidaten im Hinblick auf ihr Promotionsvorhaben behilflich sein. Natürlich sind alle Aussagen in dem Merkblatt wie gesagt auf eine Betreuung durch mich ausgerichtet, manche Gedanken sind jedoch möglicherweise generalisierend und übergreifend gültig.
Promotionsanfragen können von mir nur berücksichtigt werden, wenn die Kandidatin bzw. der Kandidat in meinen eigenen Lehrveranstaltungen über einen längeren Zeitraum hinweg mit überdurchschnittlichen Leistungen aufgefallen ist, insb. auch mit guten mündlichen Leistungen. Es gelten die Vorschriften der Promotionsordnung der Juristischen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München.
Übersicht
1. Grundsätzliches zum Promotionsvorhaben
2. Festlegung des Themas und der anzuwendenden wissenschaftlichen Methoden
3. Gliederung einschließlich Literatur- und Rechtsprechungs-Auswertung
4. Anfertigung des Buchmanuskripts